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Interview mit Zhu Jing

北京德国文化中心歌德学院  · 公众号  ·  · 2024-09-11 17:00

正文

„Bei dieser Freiheit geht es nicht nur um Schönheit und Würde, sondern auch um Gesundheit und Überleben.“


Interview mit Zhu Jing


Flohmarkt auf der Museumsinse l am Wochenende, Foto: Zhu Ji ng


Im Rahmen des Residenzprogramms, organisiert vom Goethe-Institut China, der Abteilung für Interkulturelle Germanistik der Universität Göttingen und dem Fachbereich Germanistik der Nanjing Universität, verbrachte die Schriftstellerin Zhu Jing im Sommer 2023 einen Kurzaufenthalt in Göttingen. In einem Interview mit dem Goethe-Institut schildert Zhu Jing ihre Beweggründe für die Teilnahme am Residenzprogramm, ihre Eindrücke aus Deutschland sowie die Gedanken und Inspirationen, die sie aus dem Austausch dort gewonnen hat.


Was hat dich dazu motiviert, an einem Residenzprogramm in Deutschland teilzunehmen?


Ich begann mit zwanzig mit dem Schreiben und gründete mit sechsundzwanzig eine Familie. Als ich mit fünfunddreißig wieder mit dem Schreiben begann, war meine Tochter bereits vier Jahre alt. Als es mir als intellektueller Frau möglich wurde, aus dem Familienleben auszusteigen, stellte sich mir die Frage nach dem „wie weit“. Mit diesem „wie weit kann ich gehen“ wollte ich austesten, ob die Vitalität, der Intellekt und die Kreativität meiner Jugend durch dieses lange Sorgen für die Familie verloren gegangen waren oder ob sie noch immer funktionieren.


Dass ich 2019 an die Waseda-Universität ging und 2023 an einem Residenzprogramm teilnahm, hat mit dieser Entscheidung zu tun. Als ich 2023 an dem deutschen Residenzprogramm teilnahm, besuchte eine Freundin, mit der ich mich in jungen Jahren gemeinsam dem Schreiben gewidmet hatte, mit ihrem kleinen Sohn die Universität München. Das war eine große Ermutigung und Hilfe für mich, und insofern war es eine glückliche Fügung, dass ich in diesem Sommer für den Aufenthalt nach Deutschland kam.


Was war dein erstaunlichstes Erlebnis in Deutschland?


Ich gehöre der Generation an, die in den 1980er Jahren geboren wurde und in ihren Zwanzigern den Jahrtausendwechsel und das Aufkommen des Internets miterlebt hat. Wir leben in einer Welt, die von Geschwindigkeit und Technologie geprägt ist, und folgen alle einem kapitalistischen Lebensstil. Moderne Städte können Weltreisende kaum noch überraschen. Aus diesem Grund kam ich ohne spezielle Vorbereitung nach Deutschland, ich hatte nur mein Handgepäck mit dem Allernotwendigsten dabei.


An meinem dritten Tag in Deutschland fuhr ich nach Berlin. Auf der Suche nach der Berliner Mauer kam ich an Straßen und Gebäuden vorbei, die früher zu Ostdeutschland gehört hatten, wodurch ich intuitiv verstand, wie Planung, Layout und Einrichtung als eine Form der Raumproduktion den Alltag gestalten können, indem sie die alltägliche Umgebung umformen. Während meines Aufenthalts in Berlin wurde am 8. Juni um 19 Uhr die neue Ausstellung „Velvet Rage and Beauty“ von Andy Warhol in der Neuen Nationalgalerie in Berlin eröffnet. Bereits um 18.30 Uhr reichte die Schlange der auf die Eröffnung Wartenden bis zu den Stufen des Platzes.


Die Ausstellung war inhaltlich sehr stark, offen, zerstörerisch und eindringlich, aber auch kreativ und künstlerisch intuitiv. Wenn Minderheiten Reichtum und Macht erlangen, indem sie ihre natürlichen Talente und sogar ihren Ehrgeiz zur Schau stellen, so ist das auch eine Möglichkeit, die Situation in einer komplexen Situation zu verändern. Das war das erste Mal, dass Berlin mich wirklich überrascht hat.


Die ersten bewegenden Eindrücke von Deutschland waren für mich die wunderschönen Landschaften auf der Zugfahrt von Frankfurt nach Göttingen. Zwei Wochen nach meiner Ankunft in Deutschland reiste ich nach Amsterdam. Dabei wurde ich erneut an diese deutschen Landschaften erinnert, die ich am Beginn meines Aufenthalts gesehen hatte, nämlich, als ich im niederländischen Nationalmuseum eine Reihe niederländischer naturalistischer Landschaftsmalereien aus dem 17. Jahrhundert sah.


Eine goldene Sommersonne scheint auf die üppigen Felder, der Himmel verändert sich ständig, die Wolken ziehen vorbei und das Licht verwandelt sich, um neue Landschaften zu hervorzubringen. Die Erde, die Bäume, die Beschaffenheit der Wolken – all das zeigt die Schönheit unseres Alltags. Ganz gleich, wie sich die Welt verändert, die Beziehung zwischen Zivilisation und Natur birgt eine transzendente, ewige Notwendigkeit.


Was ist deine deutsche Lieblingsspeise? Warum?


Die meiste Zeit während meines Aufenthalts in Göttingen habe ich, außer auf Reisen, selbst gekocht. Auf Einladung von Barbara Dengel von der Universität Göttingen und einigen Studenten habe ich indisches, persisches, vietnamesisches und natürlich deutsches Essen probiert. Es fällt mir schwer, sie alle zu benennen, und wenn ich die Speisekarten mithilfe einer Software übersetze, gibt sie nur die Zutaten der Gerichte an.


Welcher Moment während deines Aufenthalts in Deutschland hat dich bei deiner Arbeit als Künstlerin besonders inspiriert?


Dank der einfühlsamen und geduldigen Arbeit von Barbara Dengel an der Universität Göttingen hatte ich die Gelegenheit, mit der Schriftstellerin Daniela Dröscher zu sprechen und Ideen auszutauschen. Wir beschäftigen uns beide mit Themen wie die Familie in der heutigen Zeit oder die Realität der Situation der Frauen. Daniela Dröschers jüngster Roman „Lügen über meine Mutter“ zum Beispiel ist aus der Sicht eines Kindes geschrieben und thematisiert Ehe und Mutterschaft. Viele Passagen erinnerten mich an meinen Roman „Solch eine schöne Nacht“aus dem Jahr 2019.


Wir beide konzentrieren uns auf gewisse Dinge, die uns wichtig sind. Am Abend unseres Gesprächs vom 8. Juli bezog ich mich auf einen Satz aus Marguerite Duras’ „Das tägliche Leben“ („La vie matérielle“), nach dem eine Frau ihr Haus wie eine Utopie einrichtet. Sie könne nicht anders, als so zu handeln, wobei sie nicht das Glück an sich nutze, sondern die Suche nach dem Glück, um die ihr liebsten Menschen für sich einzunehmen.


Damit versucht sie zu zeigen, dass das Verständnis von Heimat bei Frauen sowohl komplex als auch individuell ist. Daniela Löscher sagt, dieser Text sei auch ihr Lieblingstext. Diese Begegnung ist überraschend. Die Einblicke in die dunklen Orte von Familie und engen Beziehungen beruhen nicht unbedingt auf Unzufriedenheit, sondern vielleicht auf viel stärkeren Überzeugungen.


Austausch mit Daniela Dröscher in Göttingen


In diesem Sommer wird in mehreren deutschen Städten eine Theateradaption von Daniela Dröschers Roman „Lügen über meine Mutter“ aufgeführt, und eine Ankündigung enthält folgende zwei Zeilen: „Als Kind dachte ich, meine Mutter sei die schönste Frau der Welt“ und „Ich schäme mich für meine Mutter! – Ich habe meine Mutter mit den Augen meines Vaters betrachtet“.


Meine Mutter konnte deshalb von der schönsten Frau zu einer Frau werden, für die ich mich schämte, weil „ich“ sie mit den Augen meines Vaters sah, das heißt mit den Augen einer Gesellschaft, die den Frauen lange Zeit Vorschriften machte und Anforderungen an sie stellte. Wie man gesehen wird, ist entscheidend. Frauen, die die längste Zeit nur als ästhetische Objekte aus männlicher Sicht existiert haben, können nur dann frei von ihrem Körper sein, wenn sie selbst die Macht haben, ihn zu definieren und zu bestimmen. Und bei dieser Freiheit geht es nicht nur um Schönheit und Würde, sondern auch um Gesundheit und Überleben. Diese Überlegungen führten zur Konzeption meines neuen Romans.


Ausstellung „Unendliche Landschaften“, Foto: Zhu Jing


Welchen Ort in Deutschland würdest du deinem*r Nachfolger*in unbedingt empfehlen?


Am dritten Tag nach meiner Ankunft in Deutschland fuhr ich nach Berlin. Eigentlich hatte ich noch nicht einmal den Jetlag überwunden, ich war durcheinander, und mein Reiseplan war es auch. Ich sah Caspar David Friedrichs Sonderausstellung „Unendliche Landschaften“ in der Alten Nationalgalerie in Berlin. In einem Gespräch mit Barbara Dengel versuchten wir, einige seiner Pinselstriche mit denen von Chen Hongshou zu vergleichen, einem chinesischen Maler aus dem 17. Jahrhundert: Die Art und Weise der „Verformung“ eines realen Dinges erfolgt nach dem Gefühl und dem Willen des Malers.


Da die Reise nach Berlin nicht wirklich geplant war, verbrachte ich zwar vier Tage und drei Nächte in der Stadt, fand aber leider keine Zeit, die Berliner Galerien richtig zu besichtigen. In Wirklichkeit rechtfertigt allein schon die Attraktivität der Sammlungen eine weitere Reise nach Berlin. Das ist ein Reiseziel, das ich nachfolgenden Schriftsteller*innen-in-Residence empfehlen würde.


Inwieweit hat das Residenzprogramm deine Vorstellung von Deutschland verändert?


Mein Residenzaufenthalt in Deutschland fand genau während der Fußball-Europameisterschaft statt. Das war nicht neu für mich, mein Wissen über Fußball verdanke ich meinem Mann. An den Wochenenden gab es Public Viewings der Spiele im Freien, die Menschen saßen gemütlich bei kühlen Getränken zusammen und feierten die Spiele. Meinem Mann hätte das sicher sehr gefallen, wenn er nur hätte hier sein können.


Er war früher bei der Bahn tätig und arbeitete eng mit deutschen Unternehmen zusammen. In der Tat habe ich Deutschland als Land sehr lieb gewonnen. Ich habe während dieses kurzen Aufenthalts auch eine ganze Menge an Wohlwollen erfahren.


Welche Gewohnheit oder Idee aus Deutschland würdest du gerne in China übernehmen?


Ein gemütlicher Wochenendnachmittag im Freien. An Samstagen nehmen in Göttingen die Tische und Stühle der Restaurants und Cafés im Freien die Hälfte des Straßenraums der Innenstadt ein. Dieser Bereich ist dann für Autos und Fahrräder gesperrt und gehört ganz den Menschen, die sich im Freien aufhalten wollen.







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